TAMARA REISINGER | Kleinzell, Steining
(Interview mit Ida Sailer)
Du hast dir einen sehr interessanten und außergewöhnlichen Beruf ausgewählt, der Fragen aufwirft, die neugierig machen. Viele KleinzellerInnen werden dich, da du schon einige Jahre nicht mehr ständig in Kleinzell lebst, nicht kennen.
Erzähle uns in ein paar Stichworten deinen Lebenslauf.
Nach der HAK bin ich für ein Jahr als Au-pair nach Galway, Irland, gegangen, da ich nicht wusste, was genau ich studieren will. Mir war zwar immer schon klar, dass ich etwas mit Sprachen machen möchte, ich wollte aber auf keinen Fall Lehramt studieren. Also blieb eigentlich nur noch Übersetzen. Im Master habe ich mich dann auf Literaturübersetzen spezialisiert, da mich Bücher schon immer fasziniert haben. Nach dem Studium ging’s für ein sechsmonatiges Praktikum in die Redaktion Kinder- und Jugendliteratur beim Ravensburger Buchverlag. Und seit Oktober 2017 bin ich wieder als Volontärin bei Ravensburger – dieses Mal hauptsächlich im Jugendbuchbereich. Nach dem Studium habe ich auch angefangen, freiberuflich als Übersetzerin und Lektorin zu arbeiten, u. a. für Ravensburger, diverse Übersetzungsbüros und für die Kolumbianische Botschaft in Wien.
Soweit ich mich an dich erinnern kann, seid ihr, dein Bruder, deine Mama und du, fast jeden Sonntag in die Bücherei gekommen, um neue Bücher zu holen. Wann begann der intensive Kontakt zu Büchern?
Das ist eine gute Frage. Ich glaube, das hat in dem Moment angefangen, in dem ich lesen gelernt habe. Ich habe aber davor auch schon gerne Geschichten gehört – ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich vor dem Einschlafen immer Hörbücher (damals Märchenkassetten) angehört habe (mein Lieblingsmärchen war „Sterntaler“ von den Gebrüdern Grimm).
Kommt es vor, dass du ein Buch nicht fertigliest und nach ein paar Seiten das Buch aus deinen Händen gibst? Wie erkennst du, dass ein Buch gut, d.h. inhaltlich wertvoll ist?
Das hängt ganz davon ab, ob ich die Bücher privat oder für die Arbeit lese. Privat versuche ich schon, die Bücher fertig zu lesen. Es passiert natürlich trotzdem, dass ich nach ein paar Seiten aufhöre, weil der Klappentext spannender geklungen hat als das Buch dann tatsächlich ist. Inzwischen habe ich mir aber angewöhnt, immer erst die Leseprobe zu lesen und erst dann das Buch zu kaufen.
Beruflich lese ich aber meist nur die ersten 50-100 Seiten. Man erkennt relativ schnell, ob ein Buch für den Verlag interessant ist, da man sich immer am Verlagsprogramm orientiert und von vornherein schon einiges aussortieren kann (z.B. wenn Bücher zu gewalttätig, zu sexy – sexy im Sinne von zu sehr in Richtung 50 Shades of Grey –, etc. sind).
Welche Art von Büchern – Krimis, Romane, Fantasygeschichten etc. – liest du am liebsten?
Das hängt meist von meiner Gemütslage ab. Hauptsächlich lese ich – privat – Fantasy, Abenteuer-/Jungsbücher oder Krimis. Momentan lese ich aber – um ein Gefühl für den Konkurrenzmarkt zu bekommen – ziemlich viele Liebesromane (was ich früher überhaupt nicht gelesen habe).
Hast du eine/n Lieblingsautorin/-autor? Welches ist dein allerliebstes Buch, also dein Lieblingsbuch?
Das ändert sich ständig und hängt auch vom Genre ab. Meine momentanen Lieblingsautoren (und -bücher) sind: Harlan Coben (Myron-Bolitar-Reihe und Mickey-Bolitar-Reihe), Rick Riordan (Percy Jackson, Magnus Chase, Apollo), Ben Aaronovitch (Peter-Grant-Reihe), V.E. Schwab (Shades of Magic-Trilogie) und Colleen Hoover (Will und Layken, Someday Maybe). Wenn ich mich aber für eine Reihe entscheiden müsste, dann wäre das die Shades of Magic-Trilogie von V.E. Schwab (Weltenwanderer-Trilogie: „Vier Farben der Magie“, „Die Verzauberung der Schatten“, „Die Beschwörung des Lichts“).
Gehst du noch in Buchhandlungen, um dich beraten zu lassen oder wie suchst und findest du deine Bücher?
Ich habe mich eigentlich noch nie wirklich beraten lassen, weil ich lieber selber die Bücherregale durchsehe. Ob mich ein Buch anspricht, hängt dann meist vom Titel, Cover und Klappentext ab, wobei ich in erster Linie auf Titel oder Cover achte. Die Shades of Magic-Trilogie habe ich mir zuerst auch nur deshalb näher angesehen, weil mir das Cover der englischen Ausgabe so gut gefallen hat. Und als ich dann den Klappentext gelesen habe, wusste ich, dass ich das Buch unbedingt lesen muss.
Du bist jetzt Volontärin beim Ravensburger Verlag. Was macht eine Volontärin?
Zuerst eine kurze Erklärung: Ein Volontariat ist eine Ausbildung, in meinem Fall zur Lektorin bzw. Redakteurin, und dauert bei Ravensburger 18 Monate. Als Volontärin habe ich im Prinzip fast dieselben Aufgaben wie die festangestellten Redakteure, d. h. ich bin in sämtliche Entwicklungsschritte eines Buches mit eingebunden: Ideenentwicklung direkt mit dem Autor bzw. Prüfen von Manuskripten, Vertragsverhandlungen, Projektkalkulation, ggf. Übersetzersuche, sprachliches und inhaltliches Lektorat inkl. Rücksprache mit dem Autor/Übersetzer, ggf. Illustratoren briefen inkl. Rücksprache mit dem Illustrator, Titel und Cover-Ideen überlegen, Klappen-/Vorschautexte schreiben, Druckfahnen auf letzte Fehler überprüfen, … Und irgendwann hält man das fertige Buch in der Hand und freut sich, wenn der eigene Name drinnen steht 😉
Hast du bei einem Buch schon mitgewirkt und wenn ja, bei welchem?
Eine gekürzte Liste meiner Buch-Babys (nach Erscheinungsdatum):
- Lili Peloquin – The Innocents 3: Verführerische Lügen (Lektorat)
- John McLay – Jakob will Ritter werden (Übersetzung)
- Kelsey Sutton – Winterseele. Kissed by Fear (Lektorat)
- Kelsey Sutton – Die Suche (Übersetzung) à Bonusgeschichte zu „Winterseele“
- Niki Smit – 100% Coco. Mein geheimer Fashion-Blog (Lektorat)
- Soman Chainani – The School for Good and Evil, Band 4: Ein Königreich auf einen Streich (Lektorat)
- Diverse Witzebücher (Lektorat)
Danke, dass du dir Zeit genommen hast, uns Fragen zu beantworten und weiterhin viel Spaß in Ravensburg, dieser wunderschönen Stadt in der Nähe des Bodensees.